
Liebe Leserin, lieber Leser
Es freut mich ungemein, dass Sie bereits den vierten Jahresbrief von uns lesen und wir uns schon im fünften Geschäftsjahr befinden. Als wir uns 2019 entschlossen, einen persönlichen Jahresendbrief zu schreiben und mit einem Siegel zu versehen, hätten wir uns nie vorstellen können, dass er so gut ankommt. Unser «Siegelbrief» ist bereits Tradition: Ich bekam dafür unter dem Jahr viele schöne Rückmeldungen und offensichtlich freuen sich alle schon auf die neue Ausgabe. Da steigt natürlich der Druck, aber auch die Freude, ihn zu schreiben. Ich wünsche Ihnen viel Lesevergnügen und bedanke mich für diese Wertschätzung.
Als Inhaber einer Familienunternehmung baue ich auf die Werte Respekt, Wertschätzung und Tradition. Diese Belange sind mir wichtig und ich vermittle sie deshalb auch in den Projekten oder gegenüber unseren Mitarbeitenden und Kundinnen und Kunden immer wieder.
Leider scheinen diese Werte an Stellenwert zu verlieren. Mir fällt auf, dass es uns an Respekt fehlt. Ich beobachte das auch auf dem internationalen Parkett. Nach der starken Globalisierung und Vernetzung der letzten Jahre leidet ganz Europa unter dem Krieg in der Ukraine und der daraus entstandenen Energiekrise. Sind diese Krisen nicht ausgelöst durch ein respektloses Verhalten und die Machtgier von Despoten gegenüber unseren Mitmenschen?
Die grossen politischen Konflikte kann ich nicht lösen.
Aber im Kleinen können wir alle einen Unterschied machen. Ich appelliere an die traditionellen Inhalte und Tugenden wie Verlässlichkeit und Aufrichtigkeit mit einer gehörigen Portion Respekt und Wertschätzung. Ich will nicht wie ein Pfarrer klingen, aber meine Botschaft ist mir wichtig: Wenn wir der Generation «Z» etwas weitergeben möchten, dann genau diese Relevanz. Im Alphabet kommt nach «Z» bekanntlich nichts mehr, sollten wir dies auch als Zeichen verstehen? Also packen wir gemeinsam diese Chance und geben diese Werte an unsere Kinder, unsere Lernenden und unsere jungen Team-Kolleginnen und Kollegen tagtäglich weiter. Wir profitieren im Gegensatz von neuen Denkanstössen und Ideen. Das ist für mich Win-Win. Hier machen wir gemeinsam einen Unterschied.
In der Sonntagszeitung bin ich auf einen spannenden Artikel eines Glücksforschers gestossen.
Darin hiess es, dass sich die rasante Verbreitung von vielen Negativmeldungen langfristig auch schlecht auf unsere Psyche auswirke was ja irgendwie auch logisch klingt.
Wie können wir dieses Problem in dieser hochgetriebenen, digitalisierten Welt angehen? Eine Patentlösung wurde im Bericht nicht aufgezeigt. Ich habe, pragmatisch wie ich bin, dazu folgende Idee: Vielleicht
ist es auch gar nicht notwendig, dass man alle Negativmeldungen aus den Medien wie einen trockenen Schwamm aufsaugt. Sinnlose Pushnachrichten auf dem Handy sind ein Ärgernis und unterbrechen ständig. Noch besser wäre es wahrscheinlich, diese Funktion komplett auszuschalten. Mir persönlich reicht die eine gute Tageszeitung (auch in digitaler Form) und die Tagesschau am Abend als Informationsquellen. Und im Geschäft halten wir uns traditionell an ein gemeinsames Znüni, wo wir die aktuellen Themen des Tages diskutieren und bereden.
Das klingt jetzt alles etwas altbacken, zugegeben. Und doch erfahre ich im persönlichen Austausch vielfach das, was wichtig ist: die regionalen News oder eben auch mal einen guten Witz. Das Leben ist oft ernst genug. Da hilft eben viel Lachen: es aktiviert die Gesichtsmuskeln, hebt die Stimmung und hilft so vorbeugend gegen psychische Erkrankungen.
Mein persönliches Resümee für das vergangene Geschäftsjahr ist ausserordentlich zufriedenstellend. Wir verzeichneten wiederum mehr Aufträge und waren bestens ausgelastet, vielen herzlichen Dank. Dabei geht es uns nicht anders als vielen anderen in der Branche: Im Gespräch mit Planungsbüros und Handwerksbetrieben ist die Auslastung überall so hoch wie noch nie. Bei einer vergleichsweisen moderaten Inflationsrate in der Schweiz – gegenüber unseren Nachbarländern - erfuhren wir auch eine generelle Verteuerung im Bausektor. Die Preise für Rohstoffe und Energie treiben das ganze Kostenniveau in die Höhe. Viele Bauherrinnen und -herren überlegen sich, ob sie die Ausführungsarbeiten ihrer Projekte kurzfristig aufschieben wollen. Solange, bis sich die Preise wieder etwas erholt haben. Wir hoffen natürlich, dass sich diese Aufschubswelle der anstehenden Projekte nicht allzu stark nach hinten schaukelt.
Was uns momentan gar nicht in die Karten spielt, ist die Tatsache, dass der bereits schon trockene Arbeitsmarkt nochmals ein absolutes Tiefstniveau erreicht hat. Das sehe ich persönlich als grosses Problem. In einer Fachzeitschrift der Bauingenieure habe ich gelesen, dass sich die Zahl der offenen Stellen im Zeitraum von 2009 bis 2021 vervierfacht hat. Unsere Branche sucht händeringend nach guten Fachkräften. Meine Empfehlung an die Generation Z ist deshalb klar: «Steig in die Baubranche ein. Werde Bauingenieur*in. Ich garantiere Dir, dass du immer Arbeit finden wirst.»
Auch die Weiterbildungsmöglichkeiten sind beinahe unbeschränkt. Zeichner*innen EFZ Fachrichtung Ingenieurwesen haben nach der Lehre die besten Voraussetzungen für weiterführende Schulen und Studiengänge. Ich persönlich unterstütze diesen Weg und bin Fan von unserem dualen Bildungssystem.
«Die Jugend soll ihre eigenen Wege gehen, aber ein paar Wegweiser können nicht schaden.»
Mit diesem Zitat der amerikanischen Schriftstellerin Pearl S. Buck schliesse ich meine Gedanken. Fürs neue Jahr wünsche ich Ihnen viel Glück, Gesundheit und Erfolg!
Ich freue mich auf viele persönliche Begegnungen mit Ihnen im neuen Jahr.
Steven Keller
Und das ganze Team